Erste Hilfe leisten: Das müsst ihr wissen

In deinem Leben kann es vorkommen, dass du nach einem Unfall Erste Hilfe leiste musst. Dafür solltest du einiges wissen, was leider nicht immer der Fall ist

Das muss man wissen, wenn man Erste Hilfe leisten muss
Quelle: IMAGO / mhphoto

Wer Zeuge oder Zeugin von einem Unfall wird, muss meistens schnell reagieren. Es ist Pflicht, erste Hilfe zu leisten. Daher ist es umso erschreckender, dass viele Unfallbezeugende gar nicht mehr wissen, wie man erste Hilfe leistet. Der Kurs für die Fahrschule ist meistens schon Jahre her und bestenfalls kommt man erst gar nicht so oft in solch eine Situation. Unfallopfer sind aber auf eure Hilfe angewiesen und nur wenige Sekunden können über Leben und Tod entscheiden. Daher frischen wir euer Wissen auf den nächsten Seite noch einmal auf und sagen euch, was ihr in welcher Situation tun müsst.

Hier geht es direkt los:

Das ist die aktuelle Gesetzeslage beim Leisten von erster Hilfe
Quelle: IMAGO / Tim Oelbermann

Die aktuelle Gesetzeslage

Zunächst ist es wichtig, dass wir uns die aktuelle Gesetzeslage anschauen. Wer einen Unfall sieht und keinen Rettungswagen ruft oder nicht selbst hilft, kann wegen unterlassener Hilfeleistung bestraft werden. Dabei drohen bis zu einem Jahr Haft. Ersthelfende können eigentlich nichts falsch machen – außer gar nichts zu machen. Selbst wenn ihr bei dem Versuch ein Leben zu retten etwas beschädigt (sei es Kleidung oder das Fahrzeug), müsst ihr nicht dafür aufkommen. In dem Moment zählt wirklich nur, Menschenleben zu retten. Also macht euch über Konsequenzen keine Gedanken, solange ihr wisst, was ihr tut.

Das ist die richtige Reihenfolge beim Leisten von erster Hilfe
Quelle: IMAGO / 7aktuell

Die richtige Reihenfolge

In der theoretischen Fahrprüfung gab es unter anderem die Frage, in welcher Reihenfolge man am Unfallort helfen sollte. Die meisten von uns können das nicht mehr richtig beantworten. So geht es richtig:

1. Die Unfallstelle absichern (Warndreieck, Warnweste etc.)

2. Einen Überblick über die Situation verschaffen (Wie schwer ist der Unfall, wie viele Leute sind beteiligt?)

3. Einen Krankenwagen rufen

4. Erste Hilfe leisten

Wie ihr sehen könnt, steht die erste Hilfe an letzter Stelle. Das liegt daran, dass Ersthelfende erst einmal die Unfallstelle sichern sollten, um sich nicht selbst in Gefahr zu begeben. Es kommt nämlich immer wieder vor, dass Helfende selbst verletzt werden, weil andere Verkehrsteilnehmer*innen die Unfallstelle nicht erkennen.

Wichtig ist, wenn man Hilfe leistet, das Unfallopfer richtig einschätzen zu können
Quelle: IMAGO / Michael Gstettenbauer

Das Unfallopfer richtig einschätzen

Wenn ihr euch einen Überblick über die Situation verschafft, ist es wichtig, dass ihr die Verletzten und das Ausmaß der Gefahr richtig einschätzen könnt. Wenn das Opfer regungslos daliegt, solltet ihr durch leichtes Rütteln an den Schultern und Ansprechen versuchen, es aufzuwecken. Falls nichts passiert, müsst ihr die Atmung überprüfen. Wenn die Person komplett regungslos ist, helfen nur noch Wiederbelebungsmaßnahmen. Wenn sie dagegen noch atmet, könnt ihr sie in die stabile Seitenlage bringen. Es ist folglich zum einen wichtig, dass du weißt, wie du die Maßnahmen durchführst, aber auch keine weiteren Ablenkungen hast, während du sie durchführst.

Darum solltest du zuerst den Notruf verständigen:

Den Notruf vernünftig zu informieren, ist in einer Unfallsituation gar nicht so einfach.
Quelle: IMAGO / Michael Gstettenbauer

Den Notruf verständigen

Eigentlich sollte man spätestens in der Grundschule wissen, wie der Notruf zu verständigen ist und theoretisch ist das auch kein Problem, in einer Unfallsituation sieht es aber dann häufig ganz anders aus. Wichtig ist also, dass du nach Möglichkeit Ruhe bewahrst – der Notruf wird dich dabei unterstützen. Im Gespräch ist es unabdingbar, dass du den Unfallort (Wo?) möglichst präzise nennst und den Unfallhergang (Was?) kurz beschreiben kannst. Auch die Anzahl der Verletzungen (Wer?) sowie die Art der Verletzungen (Wie?) sind äußerst hilfreich für die Rettungskräfte. Halte dich präzise, damit sich die Rettungskräfte optimal an die Situation anpassen können. Danach solltest du noch auf Rückfragen der Zentrale warten und nicht einfach auflegen, falls Sachen unklar sind.

Für die Wiederbelebung solltest du dich an die Faustregeln halten
Quelle: IMAGO / Cavan Images

Wiederbelebung

Hier eine kurze Erinnerung: Um jemanden wiederzubeleben, müsst ihr 30 Mal auf den Brustkorb bei etwa 2 Stößen pro Sekunde drücken und anschließend 2 Mal beatmen. Dafür wird der Handballen auf den Brustkorb gesetzt und mit dem anderen Handballen darauf zusätzlich unterstützt. Wichtig ist, dass beim Drücken mit den Armen möglichst eine senkrechte Haltung angenommen wird und Druck- sowie Entlastungsdauer gleichbleibend sein sollten. Das wiederholt ihr so lange, bis das Unfallopfer hoffentlich wieder aufwacht. Wichtig ist, dass ihr die Person auf den Rücken legt und den Oberkörper frei macht. Für den Fall, dass die verletzte Person noch im Fahrzeug eingesperrt ist, solltet ihr versuchen, sie vorsichtig herauszuholen. 

Der Rautekgriff hilft dir, verletzte Personen aus Fahrzeugen zu bergen
Quelle: IMAGO / Panthermedia

Der Rettungsgriff

Falls sich die Verletzten noch im Fahrzeug befinden, kann es für Erste-Hilfe-Maßnahmen entscheidend sein, die Personen vorher aus dem Fahrzeug zu bergen. Dafür kommt der Rettungsgriff beziehungsweise „Rautekgriff“ zum Einsatz: Zuerst öffnest du den Gurt der Person und kippst ihren Oberkörper leicht nach vorn. Dann führst du deinen Arm am Rücken entlang zur von dir abgewandten Hüfte und greifst dort beispielsweise für Stabilität in den Hosenbund. Anschließend wir mit der anderen Hand gegen den Oberschenkel gedrückt, sodass du den Oberkörper zu dir ziehen kannst, während der Unterleib geschoben wird. Die Person sollte sich im Prozess leicht drehen und du kannst unter die Arme der verletzten Person greifen und am Brustkorb ineinander fassen. Wenn du die Person jetzt in einer stabilen Position aus dem Wagen ziehst, solltest du deinen Oberschenkel nutzen, damit dir Person nicht einfach zu Boden fällt. Auch solltest du dringend darauf achten, dass der Kopf beim Prozess nicht schlagartig nach hinten fällt. Die Person sollte natürlich direkt an einen sicheren Platz gezogen werden.

So muss man Verletzungen versorgen
Quelle: IMAGO / vmd-images

Verletzungen versorgen

Wenn ihr seht, dass Verletzte stark bluten, solltet ihr die Wunden als erstes versorgen. Zieht euch unbedingt Handschuhe aus dem Verbandkasten an, um Krankheiten vorzubeugen. Anschließend könnt ihr versuchen, die Blutungen zu stoppen, indem ihr mit sterilen Wundauflagen und Druckverbänden arbeitet. Die Verbände sollten dabei fest sitzen, ohne die Blutzufuhr abzuschneiden. Die Rettungsdecke aus dem Verbandkasten hilft, Verletzte vor neugierigen Blicken abzuschirmen und unterstützt bei einer Unterkühlung. Bei Motorradfahrer*innen ist es übrigens wichtig, immer den Helm abzunehmen. Ansonsten kann man ihnen nur schwer helfen.

Wenn ihr das Gefühl habt, nichts mehr vom Erste-Hilfe-Kurs zu wissen, solltet ihr das dringend auffrischen. Alle 2-5 Jahre lohnt sich ein Wiederholungskurs. Immerhin wollt ihr ja auch, dass euch im Zweifel geholfen wird!

Wenn das Unfallopfer noch atmet, aber bewusstlos ist, empfiehlt sich die stabile Seitenlage
Quelle: IMAGO / Jochen Tack

Stabile Seitenlage

Falls die Person noch atmet, aber das Bewusstsein verloren hat, solltest du sie an einem sicheren Platz in die stabile Seitenlage bringen, damit die Atemwege nicht blockiert werden. Knie dich dafür seitlich neben die betroffene Person (in Rückenlage) und strecke ihre Beine. Der dir zugewandte Arm wird angewinkelt und nach oben gelegt, wobei die Handinnenflächen nach oben zeigen. Der andere Arm wird auch angewinkelt und mit der Handaußenfläche an die dir zugewandte Wange gelegt, ohne sie loszulassen. Jetzt greifst du mit deiner anderen Hand den fernen Oberschenkel der verletzten Person und ziehst ihn zu dir herüber, sodass das nun oben liegende Bein im rechten Winkel zur Hüfte liegt. Anschließend solltest du den Hals etwas überstrecken und den Mund der/des Betreffenden leicht öffnen, damit die Atemwege wirklich frei bleiben. Die Hand an der Wange kannst du so ausrichten, dass die Position wirklich stabil bleibt. Prüfe trotzdem regelmäßig, ob es Änderungen in der Atmung gibt, um sicher zu sein.

Bei all dem Stress wird häufig auch Folgendes vergessen:

Selbst dein Umgang mit den Opfern kann maßgeblich zur Situation beitragen.
Quelle: IMAGO / vmd-images

Für das Opfer da sein

Obwohl körperliche Verletzungen sowie die Verständigung des Notrufs natürlich Priorität haben, solltest du auch an die psychische Betreuung der Betroffenen denken: Immerhin handelt es sich um eine äußerst stressige Situation, die bei Opfern häufig mit Panik, Angst sowie Unsicherheit verbunden sind und Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden haben können. Darum solltest du den Leuten ein Gefühl von Sicherheit geben, selbst wenn es für dich natürlich auch nicht einfach ist. Sag den Verletzten ruhig, dass du da bist und dich um sie kümmerst, solange der Notruf kommt. Häufig wirkt es beruhigend auf Leute zu wissen, dass sie nicht alleine mit der Situation sind. Leichter Körperkontakt, wie die Hand zu halten oder die Schulter leicht zu berühren, können zusätzlich unterstützen. Dafür solltest du bestenfalls auch knien oder neben der Person sitzen. Auch Gespräche haben eine beruhigende Wirkung, wobei du der Person wirklich zuhören solltest, wenn sie redet und dabei mit einer ruhigen und  bestimmten Tonlage antworten. Du kannst die verletzte Person auch vor neugierigen Blicken mit der Rettungsdecke abschirmen und nicht helfende Zuschauende zurückweisen, um dem Opfer mehr Raum zu geben. Sicheres Handeln und Auftreten ist also das A und O in der Situation.

Pinterest Pin